WITZ ABSOLUT
Mit
plötzlichem allgemeinem Prusten brichts los.
Bald lachen alle schallend, manchem wird die Luft zu knapp und so lacht
er rotglühenden Antlitzes lautlos weiter, andere kichern hustend.
Schon kippen die ersten von den Sitzen. Wer sich im Sitz noch halten kann,
hängt meist schief darin ganz Ausgelassene knien drauf und
pumpern johlend mit den Köpfen gegen die Lehnen.
Amüsierte Sanitäter laufen herbei, Tränen der Heiterkeit
in den Augen. Mühsam und selber nach Luft ringend richten sie die
haltlos am Boden Strampelnden wieder einigermaßen auf, versorgen
mittels kühlender Umschläge Hämatome auf Oberschenkeln,
klopfen den allzu stark Hustenden hilfreich auf die Rücken und setzen
dort wo es Not tut Sauerstoffmasken ein.
Gläser klirren und Verputz bröckelt von den Wänden.
Die nächstliegenden Seismografen schlagen leicht aus.
Im Umkreis des Theaters beginnen einige Anrainerkinder vor Angst zu greinen.
Jemand verständigt für alle Fälle die Feuerwehr.
Weit mehr als eine Viertelstunde dauerts, bis auch der letzte die verkrampften
Arme vom Bauche löst und die Zwerchfelle sich etwas lockern.
Der eine oder die andere atmet noch einmal tief durch, die Heiterkeitszähren
sind noch nicht getrocknet, als der Kabarettist neuerlich zu sprechen
beginnt.
Schelmisch lächelnd sagt er nur: Politik" und sie geraten
gleich wieder allesamt außer Rand und Band.
Da liegen schon wieder welche in fröhlichen Krämpfen.
Wildfremde Menschen liegen einander in den Armen.
Da und dort liegen einsam bleckende Gebisse am Boden.
Zunehmend deutlich liegt ein Geruch von Urin in der Luft.
Die inzwischen eingetroffenen und vorerst noch ernsthaften Feuerwehrleute
pölzen die Außenmauern des Gebäudes, in dem die Menge ausgelassen
tobt und jede Aufforderung zur Evakuierung des Theaters mit kopfschüttelndem
Prusten und Japsen quittiert.
Unter großen Anstrengungen und viel Wiehern wird den neu hinzugekommenen
Helfern der Witz nacherzählt, und jemand schildert in winselndem
Lallen, wie der Mann auf der Bühne dann noch Politik"
gesagt hat.
Damit sind auch die Uniformierten, unter ihnen mittlerweile auch einige
Polizisten, infiziert und integriert. Die Beamten streifen lustig ihre
Würden ab, knöpfen die Uniformblusen auf, werfen Helme und Kappen
in die Luft.
Besonders dann, wenn ein Helm krachend am Ende seiner ballistischen Bahn
anlangt, haben alle noch mehr zu lachen.
Niemand kümmert sich weiter um die roten Autos, die draußen
stehen und einen Verkehrsstau verursachen, und niemanden kümmerts,
ob die Pölzung wirklich hält.
Vereinzelte Personen arbeiten sich, schwachen Impulsen gehorchend, auf
allen Vieren dem Ausgang zu und sorgen damit dafür, daß die
Stimmung auf dem Höhepunkt bleibt.
Der Kabarettist, ruhender Fels im brandenden Lachen, braucht jetzt nichts
mehr zu tun außer grinsend zu nicken. Wer ihn so sieht, brüllt,
japst, kann nicht mehr.
So muß er wirken, der absolute Witz.
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