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GOLASCH GROSS

Der soeben eingetretene Gast mißfiel dem Ober Otmar sogleich. Mit dem wirds Kalamitäten geben, stellte Otmar Otmar gegenüber fest.
Dieser einzelne Gast patzte sich allein an den größten und besten Tisch, auch das mißbilligte der Ober und ließ sich etwas Zeit, dem Subjekt mit seinem obligaten „was wünschen der Herr?" entgegenzutreten.
Der Herr wünschte sodann ein Golasch und ein Bier, beides groß.
Mit einem „sehr wohl" enteilte Otmar dem Blickfeld des Gastes und blieb ihm geraume Zeit unsichtbar, tauchte kurz auf, stellte, „biddesähr ein Krügel", das Genannte auf den Tisch und verschwand wieder für noch geraumere Zeit.
„Seid waunn dauat a Golasch so laung", äußerte sich der Gast unmutig über die lange Wartezeit, als ihn sein Golasch endlich erreicht hatte.
„Zeihung der Herr, awa dea Mikrowellenherd war sozusagen ausgebucht, a Bauanschmaus, zwa Fridattnsuppn und zwamoi grässte Leba woan vuahea drau", rechtfertigte sich Otmar.
Mehr brauchte der Gast nicht: „Woos, se haum des grosse Golasch in Migrowönhead aufgwamt?".
„Mia waman alles mid Mikrowelle, mia san a modernes Wiatshaus."
„Auwa i hob a gross Golasch bstöd!" meinte der ungute Gast und Otmar wußte nicht recht, worauf der hinaus wollte:
„Biddesähr, ein grosses Gulasch haums a griagt."
Da schien der Gast zu merken, daß Otmar auf der Leitung stand, also bemühte er sich, dem Einfältigen seinen Standpunkt klar zu machen: „Des basst do ned, a gross Golasch in an Migrowönhead – haums mi?".
Dem Otmar wars noch immer nicht klar, wußte er doch, daß alle, auch die größten Teller im Herd mühelos Platz fanden. Der seltsame Gast explizierte: „A klans Golasch los e ma eiredn, dass as in Migrowöönhead einedan, do kaun ned vü bassian, auwa a gross Golasch, mid Migrowelle behandelt, is vadächdig".
Otmar versuchte seiner Verwirrung Herr zu werden und versuchte darüberhinaus, dem Gast verbale Paroli zu bieten, seiner eigenen momentan schlechten Position zum Trotz: „A grässas Golasch gibts bei uns ned".
„Jo wäus olle in Migrowönhead eine dan", folgerte der Gast und holt in dialektgefärbter Hochsprache weiter aus: „Migro ist immer was kleines, ein grosses Golasch immer was grosses, es is also wider die Natur eines grossen Golasches, es mit kleinen Wellen aufzuwärmen, ein kleines Golasch, ja, aber kein grosses nicht – wauns an Magrowönhead hädn, sogat i nix, auwa so... "
„Makrowönhead haumma ned, sowos gibts niagens, howi no nie gheat... und wauns an gabat, kennt ma nix waama drin, wäu des geht nua mit Mikrowön".
„Haums scho amoi so a Migrowön gseng?"
„De kaumma ned seng, wäus zkla san!"
„Sengs!" triumphierte der Gast und Otmar, seit seiner Zeit als Pikkolo der Höflichkeit verpflichtet, sah sich etwas hilflos und entwaffnet, weil die subtilen Formulierungen und Gesten, mit denen der Subalterne lästigen Gästen seine Verachtung auszudrücken beliebte, bei diesem hier nicht verfingen.
Das angebotene zweite Gulasch, welches er bekommen könne, wenn das eine ihm zu wenig sei, schlug der Gast glattweg aus. Dem ging es offenbar um etwas ganz Anderes, darum insistierte er weiterhin, daß man das Golasch – sein großes Golasch – am Herd wärme, mittels großer, sichtbarer Gasflammen und nicht mit kleinen, unsichtbaren Wellen, von denen man nichts genaues wüßte. Die folgenden Minuten brachten die beiden damit zu, daß der eine verlangte, man solle ihn mit dem Koch persönlich über die leidige Affäre verhandeln lassen und der andere sich partout weigerte, den einen in die Küche zu führen, sogar vorschützte, der Koch sei schon nach Hause gegangen, und sich bereit zeigte, mit Leib und Leben für seinen Vorsatz einzustehen.
Schon im Verlauf der langen Auseinandersetzung tupfte sich Otmar mehrmals nervös perlenden Schweiß von der Stirn und hastete an deren Ende auf der Flucht vor Unbegreiflichem in die Küche, um beim Koch Trost zu suchen, während der Gast ihm nachrief: „Do haummas, des Golasch is ned gscheid woam, de Wöön woan sicha zklaa – wiari gsogt hob."

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